Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen

Projekt zur Portierung der Weihenstephaner Standards zu einer OPC UA Companion Specification ist gestartet.
Ausgangssituation
Mit zunehmender Digitalisierung der Produktion für die zukünftige Industrie 4.0 sind standardisierte Schnittstellen für die industrielle Kommunikation auf und zwischen unterschiedlichen Ebenen unverzichtbar. Der VDMA stellt sich dieser Herausforderung ganzheitlich und innerhalb seiner Fachverbände branchenspezifisch. Auf Basis des sich abzeichnenden zukünftigen Standards OPC UA (OPC Unified Architecture) treibt er die Einwicklung von begleitenden Spezifikationen für Branchen und Anwendungsfälle, sogenannten OPC UA Companion Specifications, voran.
Die in der industriellen Lebensmittelproduktion und -verpackung eingesetzten Maschinen sind bereits heute hoch automatisiert und mit umfangreicher Sensorik und Aktorik ausgestattet. Bei steigenden Anforderungen hinsichtlich Effizienz und Flexibilität besteht die berechtigte Forderung der Kunden dieser Maschinen, diese einfach und kostengünstig miteinander sowie mit IT Systemen vernetzten zu können. Der Maschinenbau benötigt hierfür eine, die relevanten Anwendungsfälle abdeckende einheitliche Schnittstellendefinition für die Integration seiner Produkte in das zukünftige „Internet of Things“.
Das Projekt
Die einheitliche Schnittstellendefinition wird auch für Lebensmittelproduktion und -verpackung durch eine „OPC UA Companion Specification“ bereitgestellt werden. Um diese zu erarbeiten, hat die Gesellschaft zur Förderung des Maschinenbaues mbH (GzF) im März 2018 einen Auftrag zur Durchführung eines Gemeinschaftsforschungsvorhaben an den Lehrstuhl Lebensmittelverpackungstechnik der Technischen Universität München (LVT) in Freising Weihenstephan sowie die Fraunhofer-Einrichtung für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV) in Augsburg erteilt.
Die Forscher setzten zusammen mit Industrieunternehmen auf den Weihenstephaner Standards auf. Diese wurden vom TUM Lehrstuhl für Lebensmittelverpackungstechnik gemeinsam mit zahlreichen Industriepartnern und dem VDMA entwickelt. Sie definieren neben einem heute noch proprietären Kommunikationsprotokoll auf TCP/IP Basis bereits detailliert inhaltliche Datenpunkte, die die standardisierte Anbindung von Maschinen an die Fertigungssteuerung erlauben und Anwendungsszenarien wie Effizienzanalyse, Tracking & Tracing sowie die Überwachung von Produktionsprozessen und Produktqualität ermöglichen (vgl. Abbildung 1). Die Weihenstephaner Standards sind in der Getränkeindustrie weltweit im Einsatz, wurden aber auch für Lebensmittelverpackungsmaschinen, Fleischverarbeitungsmaschinen und Bäckereimaschinen definiert und auch erfolgreich implementiert. (Siehe hier Abbildung1).
Die in den Weihenstephaner Standards definierten Dateninhalte sind mit zunehmender Vernetzung der Produktion notwendiger denn je. Für die digitale Datenübertragung wünscht man sich aber ein performanteres „Protokoll“, welches ein strukturiertes Informationsmodell beinhaltet, die Selbstidentifikation der Devices ermöglicht und beste IT Security Funktionalitäten mit umfasst. Dies ermöglicht der zukünftigen IoT-Standard OPC UA. Mit ihm kann bezüglich des Kommunikationsprotokolls auf proprietäre Eigenarbeit verzichtet werden und er besitzt branchenübergreifende Akzeptanz und Kompatibilität.
Zu erwartende Ergebnisse
Ziel des laufenden Projekts ist somit die Entwicklung einer OPC UA Companion Specification für die bereits festgelegten branchenspezifischen Dateninhalte. Das Ergebnis wird Maschinenbauern eine einheitliche kostengünstige Implementierung einer Schnittstelle mit einheitlichem Informationsmodell nach dem service- und objektorientierten OPC UA Standard ermöglichen. Das entstehende Informationsmodell wird auch eine erweiterbare Basis für zukünftig neue IoT- M2M (Maschine zu Maschine Kommunikation) und Cloudanwendungen liefern (siehe Abbildung 2).
Folgende Anwendungsfälle bezüglich der MES (Manufacturing Execution System) Integration von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen werden im Projekt abgedeckt:
- Maschinenidentifikation mit aussagekräftiger Dienst- und Schnittstellenselbstbeschreibung
- Produktionssteuerung (z. B. Anbindung von reaktiven Produktionsfeinplanungssystemen)
- Tracking & Tracing von Chargen, Transporteinheiten und Aufträgen
- Qualitätssicherung
- Effizienzanalyse (z. B. OEE Kennzahlen, Kostentransparenz)
- Energiemanagement
Lösungsweg
In Abstimmung mit der OPC Foundation, Automatisierungsherstellern, Maschinebauern und Lebensmittel herstellende sind die Projektbearbeiter bereits mitten in der Informationsmodellerstellung. Diese orientiert sich auch an Standardisierungsvorgaben des VDMA sowie an bereits abgeschlossenen und parallelen OPC UA CS Aktivitäten für verwandte Branchen (z. B. Pack ML, EUROMAP oder OPC UA für die Wägetechnik). Als Basis dienen die „Weihenstephaner Standards“ Bibliotheken WS Pack, Food und Bake. Deren inhaltlich bereits definierte Datenprofile für Maschinen werden in ein objektorientiertes OPC UA Informationsmodell überführt. Dessen generische Struktur bleibt dabei für zukünftige Anwendungsfälle offen und erweiterbar.
Im Sommer 2018 wird ein erster tragfähiger Informationsmodellvorschlag vorliegen. Anwendbarkeit und Nutzen werden dann im Rahmen prototypischer Implementierungen validiert. Hierzu ist bereits ein Testszenario mit unterschiedlichen Server- und Client- Implementierungen konzipiert. Zahlreiche Maschinenbauer und Technologielieferanten haben hierzu Ihre Mitarbeit zugesichert.
Mit den Erfahrungen aus den Praxisversuchen erfolgen Detailabstimmung und schriftlichen Verfassen einer vollständig den Kriterien der OPC UA entsprechenden Companion Specification, die direkt als Release Candidate für die weitere Gremienarbeit bis zur offiziellen Veröffentlichung verwendet werden kann. Um die spätere Akzeptanz sicherzustellen, erfolgt auch hierbei enge Industrieabstimmung in Feedbacktreffen.
Fazit
Mit dem gestarteten OPC UA Projekt werden für den Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinenbau wichtige Grundlagen geschaffen, die ihm die zukünftige IoT Integration erheblich erleichtern können. Es fügt sich in die übergreifenden Standardisierungsaktivitäten des VDMA, welche einheitliche offene Schnittstellen als wesentliche Voraussetzung für das Industriezeitalter 4.0 sieht. Die bereits etablierten „Weihenstephaner Standards“ bieten für die Lebensmittel und Getränkeindustrie sehr gute Startvorrausetzungen für eine schnelle Fertigstellung einer Companion Specification bereits in diesem Jahr. Letztendlich werden von dieser aber vor allem die Lebensmittelproduzenten profitieren, die ihre Produktionssysteme damit einfacher, zukunftssicher und kostengünstig vernetzten können.
Kontakt
VDMA:
Michael Przytulla
Referent Industrie 4.0 Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen
+49 69 6603 1178, michael.przytulla@vdma.org
TUM
Christoph Nophut
Lehrstuhl für Lebensmittelverpackungstechnik, Informationstechnologie
+49 8161 71 3597, christoph.nophut@tum.de
Fraunhofer IGCV
Patrick Zimmermann
Einrichtung für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV
+49 821 90678 195, patrick.zimmermann@igcv.fraunhofer.de